Öcalan Anwälten droht bis zu sieben Jahre Haft

International Initiative
Freedom for Ocalan – Peace in Kurdistan
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Köln, 7. März 2002

An die Redaktionen In- und Ausland / Türkei / Kurdistan / Mittlerer Osten
Pressemitteilung
Öcalan Anwälten droht bis zu sieben Jahre Haft

Die Erinnerung an die unschönen Szenen am Kai der kleinen türkischen Hafenstadt Mudanya sind noch immer frisch. Dort versuchte im Mai 1999 ein durch türkische Medien aufgehetzter Mob die Rechtsanwälte von Abdullah Öcalan nach ihrer Rückkehr vom Prozess auf der Gefängnisinsel Imrali im Marmarameer zu lynchen. Nur unter großen Schwierigkeiten konnten sie sich unter dem Schutz von bewaffneten Sicherheitskräften in Sicherheit bringen. Dieser Vorfall ist auch Gegenstand der Beschwerde von Abdullah Öcalan vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. In der Beschwerde wird unter anderem auch die Behinderung der Verteidigung aufgeführt. Nach diesem Vorfall, der in der internationalen Öffentlichkeit auf massiven Protest stieß, konnten die Anwälte von Abdullah Öcalan ihre anwaltliche Tätigkeit relativ ungestört von staatlicher Bevormundung ausüben. Dies scheint sich zu ändern.
Seit gestern stehen Aysel Tugluk, Mahmut Sakar and Irfan Dündar vor der 6. Kammer des Staatsicherheitsgerichtes in Istanbul unter Anklage. Ihnen droht eine Haftstrafe von sieben Jahren. Schon vor einem Monat wurde Asyel Tugluk zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, weil sie auf einer Podiumsdiskussion ihren Mandanten im Zusammenhang mit der Anrede "Herr" erwähnte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Im jetzigen Verfahren möchte die Staatsanwaltschaft die Verbreitung von Statements des Mandanten durch seine Rechtsanwälte als Unterstützung einer terroristischen Vereinigung verurteilt wissen. Jedoch konnte bisher selbst der türkische Justizminister Sami Türk keinen rechtswidrigen Inhalt in den besagten Erklärungen erkennen. Der Prozess gegen die Rechtsvertreter von Abdullah Öcalan fällt zeitlich zusammen mit der aktuell in der türkischen Politik hart geführten Diskussion um die Todesstrafe. Insbesondere die rechtsradikale Nationalistische Bewegungspartei (MHP) möchte den zum Tode verurteilten Vorsitzenden der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hängen sehen. Dies würde jedoch unweigerlich zu einem Wiederaufflammen des türkisch-kurdischen Krieges führen. Indessen hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte den Beginn der Hauptverhandlung im Fall Abdullah Öcalan für den Herbst 2002 angesetzt. Der jetzige Prozess ist ein klarer Verstoß gegen das Recht auf uneingeschränkte Verteidigung. Eine Verurteilung der Hauptanwälte von Abdullah Öcalan hätte indirekte Auswirkungen auf seine Beschwerdeführung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Der Trägerkreis der Internationalen Initiative verurteilt den Angriff auf das Recht auf uneingeschränkte Verteidigung. Wir rufen die juristischen Fachverbände dazu auf, gegen den oben genannten Einschüchterungsversuch des türkischen Staates zu protestieren. Weiterhin rufen wir diese dazu auf, sich für ihre Kollegen in der Türkei zu verwenden.