Redebeitrag vom 05.02.2000

Liebe Freundinnen und Freunde,
Am 15. Februar 1999 wurde der Vorsitzende der Kurdischen Arbeiterpartei Kurdistans, Abdullah Öcalan, unter Missachtung internationalen Rechts in Kenia entführt und in die Türkei verbracht.
Genau wie Mumja Abu Jamal wurde er im Verlauf einer juristischen Farce zum Tode verurteilt.
Genau wie bei Mumja Abu Jamal folgte die USA ihrer Doktrin einer selektiven Konfliktlösung. Mit dem feinen Unterschied, dass sie Mumja direkt verurteilte, während sie durch ihre federführende Rolle bei der Entführung erst das Todesurteil durch ein türkisches Gericht möglich machte.
Abdullah Öcalan wie auch Mumja Abu Jamal setzten sich für die Selbstbestimmung und die Freiheit ihrer Völker ein.
Genau wie bei Mumja Abu Jamal schwebt die Vollstreckung des Todesurteils wie ein Damoklesschwert über dem Haupt der unterdrückten Völker.
Genau wie bei Mumja Abu Jamal glaubt ein Staat, gesellschaftliche Widersprüche mit der Anwendung der Todesstrafe lösen zu können.
Die Geschichte jedoch zeigt, dass staatlich sanktionierter Mord die brennenden Probleme unserer Zeit nicht zu lösen vermag. Das Gegenteil ist der Fall.
Wie verhält sich die Türkei?
Zwar hat die Regierung der Türkei bei einem ausserordentlichen Gipfeltreffen am 12. Januar die Vollstreckung des Todesurteil an Abdullah Öcalan vorläufig verschoben, die reelle Gefahr einer Vollstreckung bleibt jedoch bestehen.
Immer mehr Parteien, Organisationen und zivile Einrichtungen in der Türkei fordern die Abschaffung der Todesstrafe allgemein, die als ein Ausdruck einer fehlenden Demokratisierung angesehen wird. Dies kann jedoch nur ein Anfang sein.
Nach 15 Jahren Krieg, der dem kurdischen und dem türkischen Volk großes Leid gebracht hat, besteht nun die Chance, einen dauerhaften Frieden zu entwickeln.
Dafür ist jedoch die Lösung der kurdischen Frage entscheidend.

Mit den Lösungsvorschlägen Abdullah Öcalans im Prozess von Imrali und dem Beschluss der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), den bewaffneten Kampf einzustellen und die berechtigten Forderungen des kurdischen Volkes verstärkt mit politischen Mitteln einzufordern, hat die kurdische Seite mehr als nur einen Schritt hin zur Lösung des türkisch-kurdischen Konflikts getan.
Nun ist es an der Türkei, konstruktive Schritte für einen demokratischen Lösungsprozess zu unternehmen.
Eine Vollstreckung des Todesurteils an Abdullah Öcalan jedoch, würde zu einer Verschärfung mit nicht überschaubaren Folgen führen.
Deshalb muss das Todesurteil über Abdullah Öcalan aufgehoben werden.
Alle fortschrittlichen Kräfte sind aufgefordert, alles zu tun, damit der Frieden in Kurdistan und der Türkei eine Chance hat.

Und wie verhält sich Deutschland?

Obwohl eine deutliche Deeskalation im türkisch-kurdischen Konflikt spürbar ist, verfährt Deutschland in gewohnter Manier.
Noch immer lassen lukrative Waffengeschäfte wie Panzer vom Typ Leo II und Kampfhubschrauber für den "Friedenseinsatz" in Kurdistan jegliche Bedenken über die Einhaltung der Menschenrechte schwinden.
Noch immer ist die PKK verboten, obwohl die einst vorgebrachten Verbotsgründe selbst nach Aussage der Bundesanwaltschaft längst weggefallen sind.
Noch immer werden Kurdinnen und Kurden, ihre Vereine, Organisationen, Verlage und Redaktionen überwacht, verfolgt und kriminalisiert, wird Furcht gesät, statt Interesse, Verständnis und Mitmenschlichkeit zu fördern.
Erst letzte Woche wurden bundesweit wieder Wohnungen und Institutionen von Kurden, sowie von solidarischen Menschen durchsucht - darunter auch das Koordinationsbüro der Internationalen Initiative -

Noch immer werden Kurdinnen und Kurden abgeschoben in die Hände ihrer Folterer.
Noch immer wird die Türkei mit dem deutschen PKK-Verbot in ihrer zögerlichen Haltung bestärkt.
Das PKK-Verbot muss endlich aufgehoben werden.

Liebe Freundinnen und Freunde,
Die Aufhebung des Todesurteils an Mumja Abu Jamal und seine Freilassung können nur einen ersten Schritt hin zu einem notwendigen Demokratisierungsprozess in den USA sein.
Denn ein Land, in dem die Todesstrafe nach wie vor gültig ist, entspricht nicht internationalen demokratischen Standards.

Auch die Aufhebung des Todesurteils an Abdullah Öcalan kann nur ein Schritt hin zu einem friedlichen Zusammenleben des türkischen und kurdischen Volkes sein.
Erst die Freiheit Abdullah Öcalans und die politische Lösung der kurdischen Frage, wird einen dauerhaften Frieden in der Türkei möglich machen.
International und solidarisch lasst uns gemeinsam streiten:
FREIHEIT FÜR MUMJA ABU JAMAL !!!
FREIHEIT FÜR ABDULLAH ÖCALAN !!!
FÜR DIE AUFHEBUNG DER TODESSTRAFE WELTWEIT !!!
FREIHEIT FÜR ALLE POLITISCHEN GEFANGENEN !!!