Appell der Internationalen
Initative und des Appells von Hannover e.V.
Internationale Initiative
Freiheit für Abdullah Öcalan -
Frieden in Kurdistan
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27.
April 1999
Der vorliegende
Appell, adressiert an die demokratische Öffentlichkeit Europas
und ihre Medien, wird zugleich an 900 Nichtregierungsorganisationen
der Europäischen Union versandt und ist im besonderen gerichtet
an das dem Europarat unterstehende "European Committee for
the Prevention of Turture and Inhuman or Degrading Treatment or
Punishment" (CPT) in Straßburg
Appell an die Demokratische Öffentlichkeit Europas
In der Form einer kriminellen Entführung und gegen internationales
Recht verstoßend wurde der Kurdenführer Abdullah Öcalan
gewaltsam dem berüchtigten Staatssicherheitsgerichtshof der
Türkischen Republik übergeben. In die Hände einer
repressiven Einrichtung, die über keines der notwendigen Prädikate
einer unabhängigen und rechtsstaatlichen Justiz verfügt.
Die Militärrichter zur Urteilsfindung beschäftigt und
der gerade aus diesem Grund vom Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte in seinem Urteil vom 9. Juni 1998 die elementaren
Voraussetzung der "erforderlichen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit
der Richter" abgesprochen wurde. Vor einem solchen "Gericht"
ist kein "fair trial" möglich.
In dieser Zeit befindet sich Herr Öcalan nachprüfbarerweise,
bestätigt durch das Zeugnis seiner Anwälte, in vollständiger
Isolation. Der Zugang zu Tageszeitungen, zu Radio oder zu Fernsehen
wird ihm nicht genehmigt, noch werden ihm Bücher gestattet
oder die Verfügung und Benutzung über Schreibwerkzeuge,
die er benötigt, um sich auf sein Verfahren vorbereiten zu
können. Eine unabhängige ärztliche Untersuchung und
Betreuung wird ihm verwehrt. Zur gleichen Zeit werden die Verteidiger
von Herrn Öcalan einer massiven Bedrohung ausgesetzt, die den
Umfang der Gefährdung an Leib und Leben erreicht hat. Eine
Unzahl von weiteren systematischen Schikanen hindert sie praktisch
daran, ihrem Mandanten eine ordentliche und ausreichende rechtliche
Hilfe zu gewähren: Sie können heute nicht einmal mehr
den Ort der Gefangenschaft des Herrn Öcalan aufsuchen, da die
Gefängnisinsel Imrali zum “militärischen Sperrgebiet”
erklärt wurde, das von privaten Booten, die den Verteidigern
seit neuestem einzig zur Verfügung stehen, nicht mehr angelaufen
werden darf.
Schließlich ist die Lage des illegal in die Gewalt des türkischen
Staates überführten Abdullah Öcalan durch eine eklatante
Verletzung und Mißachtung der "Unschuldsvermutung"
gekennzeichnet, die zu beanspruchen sowohl in der türkischen
Strafprozeßordnung wie auch in der Europäischen Menschenrechtserklärung
verankert ist. Die türkischen Medien, halbstaatliche Zeitungen,
Vertreter der Regierung, vor allem neuerdings führende Repräsentanten
der zweitstärksten und wahrscheinlich zukünftigen Regierungspartei
MHP erklären, fordern und erpressen sowohl die Verurteilung
zur Todesstrafe als auch deren zwingende Vollstreckung.
Schon im Vorfeld dieses Verfahrens, in dessen Zentrum ein unter
militärischer Kontrolle befindlicher Sondergerichtshof steht,
sind alle Voraussetzungen erfüllt, die auf die Vorbereitung
eines illegalen Schauprozesses schließen lassen, dessen Inszenierung
durch die Vorverurteilung wie auch durch deren vorausgeplante Vollstreckung
in außergerichtliche Hände gelegt wurde.
Das Ereignis einer solchen justiziellen Farce, die lediglich der
Tarnung der bereits beschlossenen Hinrichtung einer für die
Menschen Kurdistans bedeutsamen Führungspersönlichkeit
dient, bedeutet eine Beleidigung und einen Anschlag gegen alle demokratischen
Rechtsansichten der europäischen Bürgerinnen und Bürger.
Dabei sollte die große Gefahr nicht übesehen werden,
daß nicht nur Kurdinnen und Kurden im Verein mit demokratisch
gesinnten Menschen die zu befürchtende schändliche Exekutierung
niemals vergessen werden, sondern daß auch das Europäische
Recht unwiderruflich Schaden nehmen würde, wenn Sie nicht alles
in ihren Kräften stehende unternehmen, um den Verantwortlichen
in der Türkischen Republik ein deutliches Veto entgegenzusetzen:
• Um dem Angeklagten Abdullah Öcalan die demokratischen
Standards entsprechenden Rechte eines politischen Gefangenen zu
gewähren,
• Von dem Sondergerichtshof und den politisch entscheidenden
Kräften und Instanzen der Türkischen Republik unmißverständlich
zu verlangen, kein Todesurteil auszusprechen und mithin auch keines
zu vollstrecken,
• Nach Würdigung von Art und Umständen der Entführung
Öcalans, der erfolgten Vorverurteilung, der von staatspolitischer
Seite aus bereits erfolgten Androhung auf Verkündung und Vollstreckung
des Todesurteils, dem Sondergerichtshof die Legitimität auf
die Durchführung eines rechtsstaatlichen Verfahrens abzusprechen
und die Überführung von Herrn Öcalan an ein unabhängiges
europäisches oder internationales Gericht zu fordern.
• Schließlich halten wir es für eine bedenkliche
Einschränkung der Rechte und der Verteidigungsmöglichkeiten
der Menschen Kurdistans, wenn fast auf den Tag zeitgleich mit der
Verkündung der abgeschlossenen Anklageschrift gegen Herrn Abdullah
Öcalan, dem kurdischen Fernsehen MED-TV die Sendeerlaubnis
entzogen wird.
Die Herausgeber dieses Appells an die demokratische Öffentlichkeit
Europas
wenden sich daher heute in großer Sorge an die Europäischen
Institutionen und im besonderen an den Europarat und sein "European
Comitee for the Prevention of Turture and Inhuman or Degrading Treatment
or Punishment" (CPT), um seinen eigenen Prinzipien entsprechend
unverzüglich zur Abwendung der Gefahren eines illegitimen Gerichtsverfahrens
und im Sinne der Wahrung der Rechte von Herrn Öcalan tätig
zu werden.
Wir bitten dringend die demokratischen Bürgerinnen und Bürger
Europas sich ihrerseits an das CPT zu wenden, um unseren Erwartungen
durch zustimmende Erklärungen Ausdruck zu verleihen:
Secretariat
of the CPT
Human Rights Buildung
Council of Europe
F-67075 Strasbourg Cedex
Tel.: 0033 3 88412388
Fax: 0033 3 88412772
E-mail: cptdoc@coe.fr
Proteste gegen die Schließung des kurdischen Fernsehsenders
MED-TV bitte an:
ITC
33 Foley Street
London W1P 7LB Tel.: 0044 171 255 3000
Fax: 0044 171 306 7800
Für die
Internationale Initiative
Uri Avnery
Für den Appell von
Hannover e.V.
Hans Branscheidt
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