Ziel
bleibt ein demokratischer Mittlerer Osten!
Internationale
Initiative
Freiheit für Abdullah Öcalan - Frieden in Kurdistan
Pf.: 100511, D-50445 Köln
E-Mail: info@freedom-for-ocalan.com
Url: www.freedom-for-ocalan.com
8.
April 2003
INTERNATIONAL
INITIATIVE BRIEFINGS:
Ziel bleibt ein demokratischer Mittlerer Osten!
Mehrfach wurde
der Türkei von der internationalen Gemeinschaft deutlich gemacht,
dass ein militärisches Engagement ihrerseits in Süd-Kurdistan
(Nord-Irak)nicht gewünscht sei. Insbesondere die U.S.A. befürchten
nachhaltige Komplikationen für die gesamte Region. Erst vor
wenigen Tagen hat der türkische Armeechef Hilmi Özkök
nochmals vor einem Zugeständnis von weitreichenden Rechten
an die irakischen Kurden gewarnt. Ähnliche Warnungen wurden
auch auf dem türkisch-iranisch-syrischen Gipfeltreffen letzter
Woche laut. Offensichtlich will die Türkei nicht von ihren
Interventionsplänen in Süd-Kurdistan ablassen, auch wenn
sie vorgibt die amerikanischen Wünsche zu respektieren. Als
Vorwand hierfür dient der Türkei u.a. die Anwesenheit
der Guerillakräfte des KADEK im Nord-Irak, in den sich diese
seit dem Waffenstillstand von 1999 zurückgezogen haben. Aus
aktuellem Anlass gegeben wir ein Interview mit dem Präsidialratsmitglied
des KADEK, Duran Kalkan, in deutscher Sprache wieder, das in der
neuesten Ausgabe der kurdischen Monatszeitung Serxwebun (http://www.serxwebun.com)
erschien:
Mit der Landung von amerikanischen Truppen im Nord-Irak bezwecken
die Koalitionstruppen im Irak den Aufbau einer Nordfront. Kurdische
Peschmergas marschieren mit amerikanischer Unterstützung auf
Mosul und Kirkuk. Erste Gefechte mit irakischen Truppen bestätigen
dies. Wie bewertet der KADEK die letzten Entwicklungen im Nord-Irak?
Diese Meldungen werden auch uns von verschiedenen Quellen bestätigt.
Demnach fand die Landung von amerikanischen Truppen aus der Luft
in Gebieten statt, die unter der Kontrolle der KDP und PUK stehen.
Hierfür wurde auch der Luftraum der Türkei genutzt. In
den vom KADEK kontrollierten Gebieten hingegen befinden sich keine
anderen militärischen Kräfte als die eigenen. Es ist richtig,
dass die Kräfte der KDP und PUK sich anschicken gegen Kirkuk
und Mosul vorzurücken. Jedoch glauben wir nicht, dass dies
ohne Komplikationen vonstatten gehen wird. Als KADEK lehnen wir
eine kurdische Beteiligung an dem Krieg ab und verwahren uns gegen
die Nutzung von kurdischem Boden für derartige Zwecke.
Mit welcher
Kraft ist der KADEK heute im Nord-Irak vertreten? Man spricht von
etwa 5.000 Kämpfern. Wie will der KADEK diese Kraft einsetzen?
Die bewaffneten Kräfte des KADEK befinden sich sowohl
im Irak als auch in den kurdischen Gebieten der Türkei. Ihre
Zahl liegt über 5000. Die Hauptkraft ist in den strategischen
Gebirgsregionen des Nord-Irak stationiert. Des weiteren organisiert
sich in der Zivilbevölkerung der Dörfer und Städte
die PCDK, die mit dem KADEK sympathisiert. Die PCDK ist beiderseits
des 36. Breitengrades aktiv. Die zivilen und militärischen
Kräfte des KADEK sind von keiner Seite abhängig und demnach
frei in ihren Entscheidungen. Die Kraft des KADEK gründet ausschließlich
auf das eigene Volk. Der KADEK verfolgt eine friedliche Lösung
der kurdischen Frage mit demokratischen Mitteln, wobei er sich das
Recht auf Selbstverteidigung vorbehält. Dabei fühlt sich
der KADEK keinen anderen Werten als der Demokratie, der Freiheit
und dem Geist der Völkerfreundschaft verpflichtet. Somit vertritt
der KADEK im demokratischen Rahmen den freien Willen des kurdischen
Volkes. Dementsprechend setzt er seine Kraft ausschließlich
für oben genannte Werte ein. Dies wird er auch in Zukunft tun.
Demzufolge wird sich der KADEK nicht von äußeren Interventionen
oder von Kräften des Status Quo funktionalisieren lassen.
Einige kurdische
Gruppierungen behaupten, dass die Türkei sich mit Expansionsgelüsten
trägt. Dem hält die Türkei entgegen, dass die Landkarte
Kurdistans einen Teil des türkischen Staatsgebietes beinhaltet.
Was ist ihre Haltung dazu?
Der Begriff
Kurdistan ist geographischer Natur und beschreibt ein Gebiet, auf
dem mehrheitlich Kurden leben. Der Begriff Kurdistan wurde zum ersten
Male in der Geschichte vom Seltschuken-Sultan Sandschar gebraucht.
Er wurde also zuallererst von den Türken benutzt. Das als Kurdistan
bezeichnete Gebiet wird von den Staatsgrenzen Syriens, der Türkei,
des Irans und Iraks geteilt. Die kurdischen Gebiete Syriens, der
Türkei und des Irak waren ehemals Teile des osmanischen Reiches,
welche die Türkei nach dem I. Weltkrieg auf Betreiben der Franzosen
und Groß-Briten an Syrien und den Irak abtreten musste. Vor
diesem Hintergrund lässt sich nicht unbedingt von Expansionsgelüsten
der Türkei sprechen. Jedoch verstehen wir nicht, warum sich
die Türkei vor einem Begriff fürchtet und diesen repressiv
verfolgt, der früher von Seltschuken und Osmanen in gleicher
Weise benutzt wurde. Diese Angst hat sich zu einer "Teilungsphobie"
entwickelt, welche die Türkei behindert und ihr die Kraft raubt.
Das Reich der Seltschuken und Osmanen löste sich auch nicht
auf, nur weil sie den Begriff Kurdistan verwendeten. Im Gegenteil
sie einten den Mittleren Osten und entwickelten sich so zu einer
ernstzunehmenden Kraft. Der Gebrauch des Begriffs Kurdistan ist
eine Sache, die Gründung eines eigenen Staates eine andere.
Nur weil man diesen Begriff gebraucht, bedeutet das noch nicht die
Gründung eines solchen Staates. Wir denken, dass sich die kurdische
Frage auch ohne die Gründung eines eigenen Staates lösen
lässt, wenn im Rahmen der jeweiligen Staatsgrenzen die Demokratisierung
vorangetrieben wird.
Wie steht
der KADEK zu einem unabhängigen kurdischen Staat?
Dieses Thema habe ich schon kurz behandelt. Der KADEK vertritt die
Haltung, dass das kurdische Volk aber auch die anderen Völker
der Region unabhängig und selbstbestimmt über ihre Geschicke
entscheiden müssen. Dies wird sich jedoch nicht mit weiteren
politisch motivierten Staatengründungen bewerkstelligen lassen.
Vielmehr glauben wir, dass dies nur mit der Schaffung demokratischer
Strukturen möglich wird, in denen die Freiheit des Gewissens
und der Meinung respektiert bzw. die allgemeinen politischen und
sozialen Rechte der Menschen gewährleistet sind. Dies betrifft
nicht nur die kurdische Gesellschaft und die Türkei sondern
den gesamten Mittleren Osten. Der KADEK hält die Einheit und
Demokratisierung der Region auf der Basis der Freiheit der Völker
für wichtiger als die Gründung eines eigenen Staates.
Ein solches Vorgehen scheint hinsichtlich der Realitäten in
der Region praktikabler zu sein und wird den Völkern der Region
weitaus mehr nutzen.
Wie sehen
die Beziehungen des KADEK zu den Einheiten von Barzani und Talabani
aus? Ist hier ein Zusammenkommen möglich?
Die Beziehungen des KADEK zur KDP und PUK haben ihre eigene
Besonderheit. Auf der einen Seite gründet sich diese Beziehung
auf die Angehörigkeit zur selben Gesellschaft. Anderseits besteht
ein Konflikt aufgrund verschiedener politischer und ideologischer
Linien. Diese Beziehung bzw. dieser Konflikt drückt somit auch
die Eigenheit der Verhältnisse aus, denen sich die kurdische
Gesellschaft allgemein ausgesetzt sieht. In der jetzigen Situation
gibt es keine weitreichende Zusammenarbeit, aber auch keinen weitreichenden
Konflikt. Wenn es die gemeinsamen politischen Interessen erfordern,
ist ein Zusammenkommen dieser Kräfte möglich. Dies werden
die Bedingungen der nächsten Zeit zeigen.
Wenn auch
die Vereinigten Staaten die Meldungen dementieren, amerikanische
Emissäre seien mit Verantwortlichen des KADEK zusammengetroffen,
wie ist das vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen zu bewerten?
So soll das Präsidialratsmitglied des KADEK, Mustafa Karasu,
Verhandlungen über die Schaffung föderaler Strukturen
geführt haben. Wie wirken sich diese Gespräche auf den
aktuellen Krieg aus?
Wir glauben nicht, dass es bisher ernsthafte Gespräche
bzw. Verhandlungen zwischen KADEK und den Vereinigten Staaten von
Amerika gegeben hat. Ob es zu derartigen Gesprächen kommt,
wird sich zeigen. Jetzt dazu konkrete Aussagen zu machen wäre
verfrüht. Jedoch bleibt festzustellen, dass es die U.S.A. waren,
die nach dem Golfkrieg von 1991 einen der umfangreichsten Angriffe
auf unser Volk und unsere Bewegung unternahmen und unseren Vorsitzenden
im Rahmen eines internationalen Geheimdienstkomplotts entführt
und an die Türkei ausgeliefert haben. Wenn man also von Gesprächen
und Verhandlungen uns betreffend sprechen möchte, dann haben
diese eher zwischen der Türkei und den U.S.A. stattgefunden.
Dieses Verhältnis steht zur Zeit zur Disposition. Das wiederum
bewerten wir positiv. Es gibt aber keine Kontakte und Verhandlungen
zwischen KADEK und den U.S.A., die sich auf den Verlauf des aktuellen
Krieges auswirken würden. Anderseits kann aber auch nicht von
einem Konflikt gesprochen werden.
Welche
Rolle kommt ihrer Meinung nach dem KADEK im jetzigen Krieg bzw.
in der Zeit danach zu? Was will der KADEK?
Dies ist eine wichtige Frage. Der KADEK hat seit vier Jahren
daraufhin gewirkt, einen Krieg mit Hilfe von als Serhildan bezeichneten
Massenaktionen zu verhindern. Diese demokratische Massenbewegung
hat sich nicht nur für die Demokratisierung der kurdischen
Gesellschaft und der Türkei sondern auch für die Demokratisierung
des gesamten Mittleren Ostens eingesetzt. Auf diese Weise sollte
ein die Region übergreifender Krieg verhindert und der Aufbau
eines Friedens für die gesamte Region erreicht werden. Leider
müssen wir feststellen, dass hierfür die Kräfte nicht
ausgereicht haben. Der Beginn des Irakkrieges ist auch in diesem
Zusammenhang zu sehen. In dieser Hinsicht hat sich die Haltung des
KADEK nicht verändert. Immer noch kämpft der KADEK für
den Frieden und gegen den Krieg. wir glauben, dass sich das im Rahmen
des demokratischen Kampfes erreichen lässt. Deshalb halten
wir an den demokratischen Serhildan als Mittel gegen den Krieg fest.
Den Schwerpunkt hierfür sehen wir in der Türkei. Die Lösung
der kurdischen Frage und die Bildung einer strategischen Einheit
zwischen Türken und Kurden hat damit in unseren Augen eine
Schlüsselfunktion für Frieden und Demokratisierung im
Mittleren Osten. Dabei kann der Kampf der kurdischen Gesellschaft
um Frieden und Demokratie eine führende Rolle spielen. Die
Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg würde sich mit der
Bildung eines strategischen Bündnisses zwischen Türken
und Kurden erhöhen. Deshalb ist der KADEK für ein strategisches
Bündnis der Türkei mit allen demokratischen Kräften
und ruft alle politischen Parteien und zivilgesellschaftlichen Organisationen
der Türkei dazu auf, sich ohne ideologische Vorbehalte in einem
demokratischen gesellschaftlichen Bündnis zusammen zu finden,
um gemeinsam eine demokratische Türkei aufzubauen, die für
alle lebenswert ist.
Übersetzung aus dem türkischen Orginal: Koordinationsbüro
der Internationalen Initiative „Freiheit für Abdullah
Öcalan – Frieden in Kurdistan“
|